Warum fermentierte Getränke etwas ganz anderes sind
Oft wird angenommen, dass es sich bei alkoholfreiem Wein oder Bier ja eigentlich um Traubensaft oder Malzbier handelt. Doch das ist ein weit verbreiteter Irrtum und den wollen wir hier aufklären. Wer sich schon einmal ein Glas eines hochwertigen alkoholfreien Weins oder Bieres genehmigt hat, merkt sofort: Es handelt sich um etwas ganz Eigenständiges, das mit einfachem Saft nichts mehr zu tun hat – es ist viel mehr als nur „Saft ohne Alkohol“.
Warum das so ist, werden wir in diesem Artikel erklären. Und dazu ist es wichtig, dass wir uns den entscheidenden Prozess – nämlich die Fermentation – mal genauer anschauen.
Exkurs: Was ist Fermentation und warum ist sie so wichtig?
Fermentation ist ein natürlicher Prozess, bei dem Mikroorganismen (wie Hefe oder Bakterien) Zucker in Alkohol oder Säuren umwandeln. Bei der Weinherstellung sind es zum Beispiel Hefen, die den Zucker in den Trauben zu Alkohol und Kohlendioxid verarbeiten. Aber dabei passiert noch viel mehr: Fermentation verändert die Struktur, den Geschmack und die chemische Zusammensetzung des Produkts grundlegend. Aus einfachen Zutaten entsteht durch diesen Prozess ein vollkommen neues und komplexes Endprodukt.

Bekannte fermentierte Produkte sind zum Beispiel:
- Sauerkraut – Durch die Milchsäuregärung wird roher Kohl zu einem würzig-säuerlichen Gemüse mit langer Haltbarkeit.
- Kimchi – Ein fermentiertes koreanisches Gericht aus Kohl und anderen Gemüsen, das scharf und würzig ist.
- Miso – Eine fermentierte Sojabohnenpaste aus Japan, die dem Essen eine tiefe Umami-Note verleiht.
- Wasserkefir – Ein erfrischendes, sprudelndes Getränk, das auf Basis von Zuckerwasser oder Fruchtsaft mit Hilfe von Kefirkristallen fermentiert wird. Es entsteht ein leicht süß-säuerlicher Geschmack, der durch die Fermentation mit probiotischen Eigenschaften angereichert ist.
- Joghurt – Hier wandeln Milchsäurebakterien Milch in das cremig-säuerliche Milchprodukt um.
- Bier, Wein und Cider – Getränke, die durch alkoholische Gärung entstehen und ohne die Fermentation nicht existieren würden.
Der springende Punkt: Die Fermentation macht aus einem Grundprodukt (zum Beispiel Trauben oder Getreide) etwas völlig Neues. Es geht also nicht nur um die Herstellung von Alkohol, sondern um die Entwicklung von Aromen und Texturen, die durch nichts anderes ersetzt werden können.
Wie Fermentation den Geschmack verändert
Schauen wir uns das am Beispiel von Wein, Cider und Bier einmal genauer an.
- Wein: Der Ausgangspunkt bei der Weinherstellung ist Traubensaft. Unfermentierter Traubensaft schmeckt süß, fruchtig und frisch. Sobald jedoch die Fermentation beginnt, wandelt sich nicht nur der Zucker in Alkohol um, sondern es entstehen auch zahlreiche Aromastoffe: Säuren, Ester und Tannine. Diese verleihen dem Wein eine viel größere Geschmacksvielfalt – von trocken bis vollmundig, von fruchtig bis herb. Alkoholfreier Wein durchläuft diesen Prozess ebenso wie normaler Wein. Der Unterschied ist, dass der Alkohol im Nachgang entzogen wird, doch die komplexen Aromen, die durch die Fermentation entstehen, bleiben erhalten. Traubensaft dagegen bleibt das, was er ist: süßer Saft ohne Tiefgang.
- Cider: Apfelsaft und Apfelwein (oder Cider, Cidre, Most) sind ebenfalls zwei völlig unterschiedliche Getränke. Während Apfelsaft süß und einfach schmeckt, wird Apfelwein durch die Fermentation zu einem herben, manchmal leicht säuerlichen Getränk mit einer klareren Struktur. Das Fruchtige bleibt erhalten, aber es wird begleitet von einer leichten Bitterkeit und einem sauren Touch, die Apfelsaft nie haben könnte.
- Bier: Auch hier besteht der große Unterschied zwischen Malzbier (unfermentiertem Bier) und „richtigem“ Bier darin, dass der Fermentationsprozess das Aroma stark verändert. Im Malzbier bleibt die Süße des Malzes erhalten, während die Fermentation beim Bier für eine Vielzahl von Aromen sorgt: Hopfen bringt Bitterkeit, Hefen sorgen für blumige, fruchtige oder sogar würzige Noten. Das macht Bier so vielfältig und komplex. Alkoholfreies Bier geht denselben Weg wie normales Bier – es wird ganz normal gebraut und fermentiert. Es gibt hier allerdings verschiedene Verfahren: Entweder wird die Gärung frühzeitig gestoppt, um den Grenzwert für alkoholfreie Produkte von 0,5 Vol% nicht zu überschreiten. Oder aber das Bier wird erst normal gebraut und danach wird der Alkohol entfernt. In beiden Verfahren findet Fermentation statt – wenn auch unterschiedlich stark – und der typische Biergeschmack entsteht.
Entalkoholisierter Wein ist kein Traubensaft
Nun zurück zur Ausgangsfrage: Ist alkoholfreier Wein also nur Traubensaft? Definitiv nein.
Wie wir gesehen haben, macht die Fermentation aus einfachem Traubensaft erst Wein – mit all seinen komplexen Aromen und Geschmacksnuancen. Selbst wenn man den Alkohol aus dem Wein wieder entfernt, bleibt der charakteristische Geschmack des Weins erhalten. Das Gleiche gilt für Bier oder Cider. Traubensaft dagegen hat nie diesen Prozess durchlaufen und bleibt somit in seiner einfachen, süßen Form. Der Entzug des Alkohols hat allerdings seinen Preis – mehr zu den Kosten findest du in unserem Beitrag hier.
Wenn du also das nächste Mal eine Flasche alkoholfreien Wein in der Hand hältst und denkst „Das ist doch eigentlich nur Traubensaft“, erinnere dich: Was du trinkst, ist Wein – nur ohne den Alkohol. Und das ist ein gewaltiger Unterschied. Entscheidend ist nun nur noch, ob der Produzent den Alkoholentzug so hinbekommen hat, dass möglichst viel der guten Aromen erhalten bleiben. Denn das ist die große Kunst, die bisher nur Wenige beherrschen. – Aber genau hier kannst du ja auf unsere Hilfe setzen, denn unsere Anforderungen zur Aufnahme in unser Portfolio sind sehr hoch (mehr dazu kannst du unter anderem diesem Artikel entnehmen).
Entalkoholisierte Getränke bieten die Aromen und den Charakter ihrer alkoholischen Pendants, ohne die berauschende Wirkung – und das macht sie so besonders. Alkoholfreier Wein ist kein Traubensaft. Punkt.
PS: Wenn dich das Thema Fermentation interessiert, fang doch selbst damit an. Es gibt sehr einfache Fermentier-Techniken, die auch für Anfänger geeignet sind. Zum Beispiel Wasserkefir oder Milchkefir. Oder eine Art Sauerkraut. Wir machen das auch gerne mal zu Hause, weil es Spaß macht, gut schmeckt und sehr gesund ist. Bei den Techniken, die man zu Hause anwendet, bleibt der Alkoholgehalt in den sogenannten Fermenten sehr gering.
* Malzbier wird zwar mit Hefe hergestellt, aber bei so niedrigen Temperaturen, dass kein Alkohol entstehen kann.
Quellen:
Brauerbund: https://brauer-bund.de/biervielfalt/biervielfalt-alkoholfreiesbier/
Bundeszentrum für Ernährung – Foodtrend Fermentation
Encyclopædia Britannica – Überblick über: Fermentation
UNSW Sydney | School of Chemical Engineering – FEMS Yeast Research 8(7):979-95 – Wine yeast for the future